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AutorenbildCarolin Thanner

"Wie kannst du nur...?"

Eine Frage, die ich immer wieder zu hören bekomme, wenn das Thema "Livegesang auf Beerdigungen" auf den Tisch kommt.


Zu gut kann ich mich an die erste Trauerfeier erinnern, die ich musikalisch begleiten durfte. Die Beisetzung einer Dame, die den langen Kampf gegen den Krebs verlor, fand 2017 auf dem Friedhof in Neu-Ulm statt. Da sie großer Schlagerfan war, wurde zu Beginn eines ihrer Lieblingslieder "Das Flüstern des Windes" von Ulla Norden abgespielt. Am Grab selbst durfte ich live und ohne Begleitung "Amazing Grace" singen - und es fiel mir leichter als gedacht. Ich wollte mich selbst nicht in einen Trauermantel hüllen. NEIN! Denn meine Aufgabe war es, der Familie und den Freunden der Verstorbenen einen Abschied zu gestalten, der wunderbar in Erinnerung bleiben sollte. Ich wollte erreichen, dass nur ich den Trauernden etwas mitgeben kann, das man so schnell nicht mehr vergisst. Und die Dankbarkeit, die mich im Nachhinein erreichte, war das größte Lob und die beste Motivation, genau an diesem Punkt weiterzumachen und mich weiterzuentwickeln.


Natürlich gibt es auch Trauerfälle, die mich sehr beschäftigen. Die Beisetzung eines Säuglings vor wenigen Wochen traf mich ganz besonders. Noch nie habe ich im Vorfeld und im Nachhinein so sehr geweint, wie bei diesem Fall.


Es ist also kein Job wie jeder Andere. Oft finden sich keine Worte für den Schmerz, den man in der dunklen Zeit der Trauer durchlebt. Bei jedem Abschied schwingt der Gedanke mit etwas zu erschaffen, das die Trauernden auf Ewig in Erinnerung behalten werden - denn dafür haben sie mich auserwählt. Der Gesang fängt die Trauer auf, er wandelt sie in Dankbarkeit um und formt daraus ein Gefühlskunstwerk, das so individuell ist, wie die Art der Trauer selbst.


Mich selbst werden Sie bei der Trauerfeier kaum wahrnehmen. Meist bewege ich mich im Hintergrund und bin dann präsent, wenn es darauf ankommt. Wenn Sie mich für den Trauerfall als Sängerin engagieren möchten, werden wir im Vorfeld den Ablauf und die Auswahl der Songs besprechen. Am Tag der Verabschiedung selbst möchte ich Sie mit Themen wie z. B. ob Strom vorhanden ist, oder wo ich mich am besten platziere usw. nicht belästigen. Ungefähr eine Stunde vor Beginn der Zeremonie werde ich anwesend sein um in Ruhe meinen Platz einzunehmen, den Soundcheck durchzuführen und ggf. den Ablauf mit dem Pfarrer bzw. der Rednerin zu besprechen. Um nichts weiter müssen Sie sich kümmern. Sie dürfen sich vollkommen auf Ihre Gedanken und Gefühle konzentrieren. Mein Job ist es, Sie zu tragen und begleiten - und darauf können Sie sich verlassen!


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